Warum nutzen Kunden Vorwände? – Q&A

Ein gewisser Anteil von Kunden konfrontiert Verkäuferinnen und Verkäufer mit Vorwänden. Die Vorwände kommen als Einwand daher, haben aber eine andere Intention. Während ein Einwand ins Gespräch geworfen wird, um etwas zu klären, und somit Interesse zeigt, tarnt sich der Vorwand lediglich als Einwand.

Mit einem Vorwand möchte der Kunde erzielen, dass er den anvisierten Kaufabschluss nicht mitgehen muss oder den Kauf hinauszögert, ohne dies der verkaufenden Person direkt zu sagen. Man kann auch sagen, bei Vorwänden handelt es sich um Ausreden. Doch warum nutzen Kunden Vorwände, wenn sie doch die Möglichkeit haben, sich unmissver­ständlich auszudrücken und ihre Ablehnung zu kommunizieren?

Die Antwort auf diese Frage hat mit Kommunikation, Psychologie und sozialen Normen zu tun.

Der kommunikative Aspekt von Vorwänden

Kommunikation kann manchmal ein schwieriges Geschäft sein. Das hängt damit zusammen, dass jede Kommunikation, egal ob verbal oder nonverbal, ausnahmslos vier Aspekte enthält: Eine Aussage zur Sache, eine Offenbarung des Senders, eine Beurteilung des Empfängers und einen Appell. Friedemann Schulz von Thun hat dies als Kommu­nikations­psychologe entdeckt und in seinem Buch »Miteinander reden« sehr anschaulich beschrieben.

Ihm zufolge wird jede Kommunikation über diese vier Kanäle gesendet. Der Adressat der Aussage nutzt dieselben vier Kanäle, um die Aussage aufzunehmen.

Stell dir vor, ein Mann auf dem Beifahrersitz des an der Ampel stehen­den Autos sagt zu seiner Frau, die hinter dem Steuer sitzt, »Es ist grün.«

Daraufhin die prompte Antwort seiner Frau: »Fährst du oder fahre ich?«

Während der Mann nur eine Sachaussage machen wollte, meint hier seine Frau, er würde ihr nicht zutrauen, auf die Ampel zu achten. Er sendet hier auf dem Sach-Kanal, sie empfängt die Aussage jedoch auf dem Beurteilt-Werden-Kanal. Mit diesem Beispiel wird deutlich, wie tricky Kommunikation sein kann. Im Verkaufsgespräch ist das nicht viel anders.

Der Kunde sagt zum Beispiel:

»Ich muss mir das Ganze noch mal genau durch den Kopf gehen lassen.«

Auf dem Sach-Kanal sendet er:

»Nein, ich will jetzt im Moment nicht kaufen.«

Auf dem Selbstoffenbarungs-Kanal schwingt mit:

»Ich bin unsicher.«

Auf dem Empfänger-Beurteilungskanal meint er:

»Der Verkäufer wird enttäuscht sein, wenn ich Nein sage.«

Und auf dem Appell-Kanal kommt rüber:

»Lass mich aus dieser unangenehmen Situation raus.«

Da steckt also viel mehr dahinter, als der Kundenvorwand vorder­gründig aussagt. Du als Verkäuferin oder Verkäufer bist daher gut beraten, da genauer hinzuschauen.

Die psychologische Seite von Vorwänden

Mit der Analyse der Kommunikation wurde bereits klar, dass hinter dem vorgebrachten Vorwand des Kunden in aller Regel kein böser Wille steht, im Gegenteil:

  • Zunächst möchte er seinem Bedürfnis, den Kauf im Moment noch nicht zu vollziehen, nachkommen.
  • Er möchte das nicht, weil er unsicher ist.
  • Gleichzeitig schätzt er den Verkäufer so ein, dass er wohl enttäuscht wäre, wenn er ohne Abschluss gehen muss.
  • Und schließlich ist ihm das unangenehm, weil er den Verkäufer schätzt. Er hofft, dass ihn der Verkäufer aus der misslichen Situation befreit.

Es handelt sich in diesem Beispiel um einen Kunden, der auch die Bedürfnisse des Verkäufers (Auftrag!) im Blick hat. Dadurch gerät er jedoch in einen inneren Konflikt, schließlich hat er das Bedürfnis, jetzt gerade nicht zu kaufen.

Andere Kunden, die sich nicht so viel Gedanken machen, sondern ihren Vorteil in den Vordergrund stellen, sagen dem Verkäufer, was Sache ist. Sie sind einfach anders gestrickt, und ihnen ist es nicht so wichtig, mit anderen rücksichtsvoll umzugehen. Beides ist übrigens weder richtig noch falsch, sondern einfach unterschiedlich. Ob ein Vorwand genutzt wird oder eine direkte Aussage, nicht zu kaufen, hängt eben auch von der Persönlichkeitsstruktur des Käufers ab.

Vorwände aus sozialem Blickwinkel

Wir Menschen sind soziale Wesen und auf ein Miteinander-Auskommen angewiesen. Daraus ergibt sich, wie wir miteinander umgehen und kommunizieren.

Die Gesellschaft gibt hier gewisse Normen vor, an die sich die Menschen in aller Regel halten. Auch die Sozialisation und der übliche Umgang miteinander in der Herkunfts-Gruppe spielt eine sehr große Rolle dabei, wie kommuniziert wird.

Wenn die Norm lautet, »Geht nett und freundlich miteinander um« und außerdem vielleicht noch, »Achtet darauf, dass es anderen möglichst gut geht mit euch«, dann ist es durchaus nachvollziehbar, wenn ein Kunde sich hier und da dafür entscheidet, die klare Ansage bleiben zu lassen und anstatt dessen einen Vorwand zu formulieren, weil er weicher erscheint.

Fazit

Nutzt ein Kunde einen Vorwand, meint er in Grunde:

»Lieber Verkäufer, ich würde ja wirklich gerne kaufen, aber ich fühle mich noch nicht in der LAGE dazu.«

Deine Aufgabe ist jetzt, herauszufinden, was dahinter steht. Nur so gehst du mit der Situation angemessen um. Für deinen Erfolg ist das deshalb wichtig, weil dein Kunde sich verstanden fühlt und damit die Wahrscheinlichkeit enorm steigt, dass er doch noch gleich oder vielleicht später kauft.

Auch so werden nach und nach aus Kunden Freunde. Und Freunde kaufen immer wieder, und zwar ohne großen Überlegungen, denn sie haben Vertrauen zu dir und verlassen sich auf dich.

Wie du ganz konkret mit Vorwänden umgehen kannst, erfährst du hier: Was ist ein Einwand und Vorwand?

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